Was wurde aus den „Drive-in-Bordellen“ in Österreich?
Veröffentlicht 29th Januar, 2025
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Anfang der 2010er Jahre machte Wien mit seinem innovativen Ansatz zur Bekämpfung der Straßenprostitution international Schlagzeilen. Die Stadt führte ein einzigartiges Konzept ein – „Drive-in-Bordelle“ oder „Verrichtungsboxen“ – im Wesentlichen ausgewiesene Bereiche, in denen Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sicher arbeiten und Kunden ein- und ausfahren konnten, ohne die umliegenden Nachbarschaften zu stören. Die Idee bestand darin, Ordnung in das Sexgewerbe der Stadt zu bringen, die Arbeitsbedingungen für Sexarbeiter zu verbessern und die Belästigung der Anwohner durch Straßenprostitution zu verringern.
Mehr als ein Jahrzehnt später scheint dieses Experiment jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten zu sein. Was ist also aus den „Drive-in-Bordellen“ in Österreich geworden? Konnten sie ihre angestrebten Ziele erreichen oder haben sie letztendlich keinen nennenswerten Einfluss auf das Leben der Sexarbeiter und der Gesellschaft insgesamt gehabt?
Um den Kontext hinter den Wiener Drive-in-Bordellen zu verstehen, ist es wichtig, einen Blick auf die Geschichte der Prostitution in der Stadt zu werfen. Vor der Einführung dieser ausgewiesenen Bereiche war Straßenprostitution in Wien ein großes Problem, da viele Sexarbeiterinnen in Wohngebieten tätig waren und Anwohner sich über Lärm, Müll und Belästigung beschwerten. Als Reaktion darauf beschloss der Stadtrat, einen pragmatischen Ansatz zu verfolgen, und erkannte an, dass Prostitution eine Realität war, die so schnell nicht verschwinden würde.
Die Drive-in-Bordelle sollten eine Win-win-Lösung für alle Beteiligten darstellen. Sexarbeiterinnen sollten in einer sicheren Umgebung arbeiten können, mit Zugang zu Gesundheitsdiensten, sanitären Einrichtungen und Schutz vor Ausbeutung. Die Kunden wiederum hatten eine diskrete und bequeme Möglichkeit, Sexarbeit zu betreiben, ohne die Gemeinschaft zu stören. Die ausgewiesenen Bereiche befanden sich in der Regel in Industrie- oder Gewerbegebieten, weit entfernt von Wohngebieten, und waren mit Überwachungskameras, Notruftelefonen und medizinischer Versorgung vor Ort ausgestattet.
Zunächst schienen die Drive-in-Bordelle ein bahnbrechendes Konzept zu sein. Sie wurden als Vorbild für andere Städte gefeiert, und Sexarbeiterinnen berichteten, dass sie sich sicherer und stärker fühlten. Im Laufe der Zeit traten jedoch Probleme auf. Viele Sexarbeiterinnen beklagten sich darüber, dass die ausgewiesenen Bereiche zu weit vom Stadtzentrum entfernt seien, was es für sie schwierig mache, Kunden anzuziehen. Andere berichteten, dass sie sich isoliert und verletzlich fühlten, insbesondere nachts, wenn die Bereiche schlecht beleuchtet und menschenleer waren.
Außerdem hielten die Autokinos nicht ganz, was sie versprachen, nämlich einen sicheren Zufluchtsort für Sexarbeiterinnen zu bieten. Trotz der vorhandenen Überwachungskameras und Notrufsäulen waren viele Sexarbeiterinnen weiterhin Gewalt und Ausbeutung durch Kunden ausgesetzt. In einigen Fällen wurden die ausgewiesenen Bereiche zu Magneten für Zuhälter und Menschenhändler, die sich schutzbedürftige Sexarbeiterinnen als Beute suchten und sie zu ihrem finanziellen Vorteil ausbeuteten.
Heute ist unklar, wie viele Drive-in-Bordelle in Wien noch in Betrieb sind. Während einige Quellen darauf hinweisen, dass es noch einige ausgewiesene Bereiche gibt, behaupten andere, dass das Konzept weitgehend aufgegeben wurde. Auf der Website des Stadtrats finden sich keine Informationen mehr zu dieser Initiative und viele der ursprünglichen Befürworter der Drive-in-Bordelle scheinen sich zurückgezogen zu haben.
Was ist also schiefgelaufen? Laut der Website für Erwachsene myLADIES.ch war ein Hauptproblem die mangelnde Einbeziehung der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter selbst. Obwohl die Drive-in-Bordelle mit Blick auf ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen konzipiert wurden, hatten viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter das Gefühl, dass ihre Stimmen während des Planungsprozesses nicht gehört wurden. Infolgedessen entsprachen die ausgewiesenen Bereiche oft nicht ihren Bedürfnissen, und Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter arbeiteten weiterhin außerhalb der offiziellen Zonen.
Ein weiteres Problem war die anhaltende Stigmatisierung und Diskriminierung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern. Trotz der Bemühungen der Stadt, den Sexhandel zu regulieren, betrachteten viele Österreicher Prostitution weiterhin als unmoralisch oder beschämend. Dies bedeutete, dass Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter mit erheblichen Hindernissen konfrontiert waren, wenn sie versuchten, Zugang zu Gesundheitsdiensten zu erhalten, Gewaltvorfälle zu melden oder Unterstützung von Sozialdiensten zu erhalten.
In den letzten Jahren hat sich in Österreich ein zunehmender Trend zur Abschaffung der Prostitution entwickelt, wobei einige Politiker und Aktivisten die vollständige Ausrottung der Prostitution fordern. Dies hat zu einem erhöhten Druck auf Sexarbeiter geführt, die mit strengeren Vorschriften, höheren Geldstrafen und sogar Kriminalisierung konfrontiert sind. Die Drive-in-Bordelle, die einst als fortschrittliche Lösung gefeiert wurden, wirken heute wie ein Relikt aus einer vergangenen Ära – eine Erinnerung an eine Zeit, in der Österreich bereit war, mit neuen Ansätzen zur Steuerung des Sexhandels zu experimentieren.
Mit Blick auf die Zukunft ist es wichtig, aus den Erfolgen und Misserfolgen der Wiener Autokinos zu lernen. Auch wenn das Konzept seine Ziele nicht erreicht hat, zeigt es doch, wie wichtig es ist, Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter zu konsultieren und ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen in den Vordergrund zu stellen. Es unterstreicht auch die Notwendigkeit eines differenzierten und evidenzbasierten Ansatzes zur Regulierung des Sexhandels – eines Ansatzes, der die Bedürfnisse der verschiedenen Interessengruppen in Einklang bringt und die Komplexität des Problems anerkennt.