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Herbertstraße

Rotlicht-Legende: Die Herbertstraße wird 100

Eine echte Institution des Hamburger Nachtlebens feiert 100-jähriges Bestehen: Die Herbertstraße, wahrscheinlich die berühmteste Rotlicht-Straße Deutschlands, begeht ihren runden Geburtstag. Zur Feier des Anlasses werden die Sichtblenden, welche normalerweise die Eingänge zur Herbertstraße vor neugierigen Blicken abschirmen, für die breite Öffentlichkeit geöffnet. Zahlreiche HamburgerInnen und TouristInnen nutzen die seltene Möglichkeit, im Laufe eines “Tags der offenen Tore” Blicke auf eine Betriebsamkeit werfen zu dürfen, die ansonsten von Diskretion und einer gewissen Abschottung geprägt ist. Die Nachfrage ist hoch, schließlich gehört die Herbertstraße zum wichtigen kulturellen Erbe des Hamburger Stadtteils Sankt Pauli.

Wie die Herbertstraße wurde was sie ist

Bereits im 19. Jahrhundert wurde das Gebiet der heutigen Herbertstraße bebaut und von Anfang an fanden sich dort Angebote von Prostitution und Strip-Lokalen. Damals hieß die Straße noch Heinrichstraße bzw. Hinrichtstraße. Erst 1922 erhielt sie mit Herbertstraße ihren heutigen Namen. Darum wird auch jetzt, genau 100 Jahre danach, das 100. Jubiläum dieser verwegenen, kaum 100m langen Gasse gefeiert. Die heutzutage charakteristischen Sichtblenden an den Eingängen zur Herbertstraße wurden bereits 1933 von der damals nationalsozialistischen Regierung angebracht, um zumindest ein wenig zu verdecken, was zu der Zeit offiziell eigentlich im ganzen Land verboten war. Aber ein Rotlicht-Verbot auf Sankt Pauli? Das war auch damals schon nicht in die Realität umsetzbar. Heute sind dort ungefähr 250 Frauen in der Sexarbeit tätig, zu unterschiedlichen Uhrzeiten und Wochentagen.

Nur für einen Tag: Frauen erlaubt

Als dann am zweiten Sonntag des August diesen Jahres von 10-18 Uhr die Tore der Herbertstraße der interessierten Öffentlichkeit offen standen, galten vorübergehend andere Regeln als sonst. Denn traditionell sind an den mit Sichtblenden geschützten Eingängen der Straße Schilder mit der Aufschrift “Zutritt für Männer unter 18 und Frauen verboten!” angebracht. Die dort arbeitenden Damen wollen sich so vor Publikum schützen, welches den eigenen Geschäften nicht zuträglich ist. Diese Vorschrift ist allerdings lokal-kultureller Natur, juristisch gesehen ist auch die Herbertstraße eine gewöhnliche öffentliche Straße. Wer sich allerdings zu den normalen Betriebszeiten über dieses Verbot hinwegsetzt, der muss mindestens mit lautstarken Hinweisen der dort tätigen Personen rechnen. Am Tag des offenen Tores aber, da war es sogar möglich, die Rotlicht-Schaufenster, in welchen sich die Liebesdamen lockend präsentieren, von innen zu besichtigen, was auch für die dahinter liegenden Schlafzimmer galt.

Bei Flaneuren beliebt: die Herbertstraße in Hamburg-St. Pauli bei Nacht.

Ein kulturelles Rahmenprogramm klärt auf

Vielleicht ist die Herbertstraße für manche Menschen, die es nicht besser wissen, lediglich eine Puffstraße für den schnellen Sex. Dabei schaut diese Institution auf eine lange Tradition zurück, die schon zu Zeiten der Industrialisierung begann. Zahlreiche Matrosen des Hafens fanden damals ihren Weg dorthin, wo sich heute die Herbertstraße befindet, um nach einsamen Monaten auf See ihre Sehnsüchte zu befriedigen. Dies und mehr zur Geschichte konnten die BesucherInnen bei Rundgängen durch die Herbertstraße erfahren. An dem Tag stellte dort auch Domina Manuela Freitag ihr Buch mit dem Titel “Herbertstraße” vor, welches es bereits auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft hat. Für alle Interessierten an den zahlreichen Anekdoten aus dem Leben einer Domina von der Herbertstraße, sei dieses sicherlich unterhaltsame Werk dringend empfohlen. 

Offene Herbertstraße? Eine einmalige Aktion

Wer jetzt aber glaubt, die Herbertstraße sei mit der Aktion zu ihrem 100. Geburtstag nun auch langfristig offener als bisher, der hat sich getäuscht. Die Öffnung für ein breites Publikum war eine einmalige Sache. Schon ab Montag herrschte dort wieder wie gewohnt das Geschäft mit der Lust. Ein Geschäft, das seit den Corona-Lockdowns zunehmend schwieriger wird. Mehr und mehr Prostituierte verdienen heute ihr Geld über Webcaming und andere Online-Angebote. Bisher sind immer noch weniger Frauen in der Herbertstraße anzutreffen als vor Corona. Aber dies wird sich sicherlich nach einiger Zeit wieder einpendeln. Schließlich ist es ja die Sehnsucht nach echtem Sex, der nun bereits seit über hundert Jahren, erwachsene Männer aller Schichten in die Herbertstraße treibt, um wenigstens für eine kurze Zeit, ihre Einsamkeit zwischen all ihren zeitraubenden Geschäften zu vergessen. Nun denn, herzlichsten Glückwunsch zum 100. Geburtstag, liebe Herbertstraße!

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