Wie umstritten eine Tätigkeit in der Sexarbeit sein kann, muss vorab eigentlich gar nicht explizit erwähnt werden. Denn immer wieder kochen medial-politische Debatten hoch, die sich mit der Frage nach der Legitimation von bezahltem Sex beschäftigen. BefürworterInnen von legaler Sexarbeit pochen auf freie Berufswahl und die Freiheit des Individuums, während die GegnerInnen grundsätzlich von einer Schädlichkeit der Tätigkeit für alle Beteiligten ausgehen. Aktuell flammt wieder eine Diskussion auf, welche diesmal ihren Ursprung im Vereinigten Königreich (UK) hat.
Passen Studium und Sexarbeit zusammen?
Nach Schätzungen der Kingston University, könnten dort landesweit bis zu 70.000 Studierende sich ab und zu in der Sexarbeit betätigen. Warum dies so ist, dafür werden verschiedene Gründe angenommen. Zum einen besteht die praktische Möglichkeit zur freien Zeiteinteilung, welche eine Vereinbarkeit von universitären Stundenplänen und Prüfungszeiten erlaubt. Außerdem seien durch die Corona-Pandemie viele typische Studentenjobs weggefallen, etwa in Bars und bei Veranstaltungen. Dazu fällt der Verdienst durch Sexarbeit pro Stunde in der Regel deutlich höher aus als bei anderen Tätigkeiten. Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle bleiben, dass die Studiengebühren im Vereinigten Königreich mittlerweile stolze 11.000 Pfund pro Jahr betragen und für ausländische Studierende sogar mehr als das Doppelte.
Universitäre Informationsangebote sorgen für Empörung
Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, bieten einzelne Universitäten im UK mittlerweile Informationsveranstaltungen für Studierende an, in denen sie über mögliche Risiken in der Sexarbeit aufgeklärt werden. Diese universitären Angebote sorgen jetzt für Empörung im konservativen Spektrum der dortigen Politik. Die zuständige Hochschul-Staatssekretärin Michelle Donelan sprach dann auch von einer ‘gefährlichen Branche, die nicht durch Kurse an Universitäten legitimiert werden darf’. Die Universitäten dagegen argumentieren mit ihrer Fürsorgepflicht ihren Studierenden gegenüber und führen ihre Aufklärungskurse unbeirrt fort. Denn wie so oft beim Thema Sexarbeit sieht die Situation so aus, dass nichts verschwindet, nur weil es nicht mehr öffentlich diskutiert werden soll oder darf.
Sexarbeit kann viele Formen annehmen
Als Sexarbeit zählt dabei übrigens nicht nur die klassische Prostitution in Bordellen oder eine Tätigkeit als Highclass-Escort, sondern auch Telefonsex, Webcamsex oder die Erstellung von Adult-Content auf Plattformen wie z.B. Onlyfans. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vermelden Online-Plattformen für virtuellen Sex eine sehr stark ansteigende Nachfrage. Wir haben bei einem in Essen stark vertretenen Erotikportal nachgefragt, wie dort diese Debatte gesehen wird. Die Pressesprecherin von Erobella.com, Marie Kess, sagte dazu: “Sexarbeit bietet vielfältige Möglichkeiten, sollte aber nur von Personen ausgeübt werden, die auch charakterlich dafür geeignet sind. Das ist dabei das Wichtigste, auch für SexarbeiterInnen die im Hauptberuf Studierende sind.” Sicherlich wird dies nicht das Ende der Debatte einläuten, aber es zeigt, wie wichtig Aufklärungsarbeit und Transparenz gerade beim Thema Sexarbeit und Online-Sex sind und bleiben. Ob es schlimm oder okay ist, mit seiner Sexualität Geld zu verdienen, oder ob es genauso schlimm bzw. okay ist nur wegen Geld hart in Fabriken oder Bergwerken zu arbeiten, darüber entzweien sich eben manchmal die Meinungen.