Spanking – die ewige Sehnsucht nach Liebe durch Schmerz
Veröffentlicht 5th Dezember, 2020
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Nicht erst seit Beate Uhse und dem SM-Trend der 1980er Jahre wird in vielen Beziehungen, Bordellen sowie SM-Studios gepeitscht, geklatscht und gepaddelt. Wohl bereits seit vielen Jahrhunderten ist das erotische Bestrafen eine beliebte sexuelle Spielart und es scheint, als nähme die Popularität desselben sogar zu.
Die deutsche Übersetzung des englischen Worts ‘spanking’ ergäbe eigentlich etwas in die Richtung von ‘Haue bekommen’ oder eine ‘Tracht Prügel beziehen’. Aber Spanking ist inzwischen international ein fest stehender Begriff, und beschreibt die Praxis, aus erotischer Motivation heraus ein paar Schläge aus zu teilen bzw. zu empfangen. Bei solchen Betätigungen denken viele Menschen spontan vielleicht eher an bestrafende körperliche Züchtigungen aus der Vergangenheit, als diese in Schulen, Familien oder auch beim Militär noch angewendet wurden. Auch von Gerichten wurden solche Strafen verhängt und außerhalb Europas kann dies noch immer der Fall sein. Allgemein gesprochen wünscht sich eigentlich jeder Mensch die Abwesenheit von Schmerz herbei, ist es da nicht etwas verwunderlich, dass sich diese Vorliebe entwickelt hat? Der genaue zeitliche Ursprung dieser Art der Ausübung des Liebesspiels kann aus heutiger Warte nicht mehr genau geklärt werden, doch die Popularität von Spanking bleibt bestehen, wenn sie nicht sogar wächst. Über den ganzen Globus verteilt, entstanden vor über zwei Jahrtausenden fast zur selben Zeit diverse Aufzeichnungen, welche die frühe Ausübung von dem was wir heute Spanking nennen, bezeugen. Aus dem indischen Kulturkreis gibt es Erwähnungen in den Kamasutra-Lehren, im alten China waren es Zeichnungen der Daoisten und auf unserem Kontinent war es der Roman Satyricon, geschrieben von Titus Petronius Arbiter, einem römischen Senator. Spätestens seit Beginn unserer Zeitrechnung also, ist Spanking eine weit verbreitete, beliebte erotische Praxis, deren gesellschaftliche Akzeptanz immer wieder Schwankungen unterlag.
Wie der Autor de Sade das Spanking in die Welt trug
Nachdem ungefähr bis zum 17. Jahrhundert kaum weitere Zeugnisse des erotischen Schlagens überliefert sind, kam es in den 1780er Jahren zu einer regelrechten Wiederauferstehung des Spankings. Wahrscheinlich der Hauptschuldige an dieser Entwicklung war ein gewisser französischer Adliger und Autor namens Donatien Alphonse François de Sade, heutzutage bekannt unter seinem Titel Marquis des Sade. Sein sexueller Trieb war legendär und überaus stark ausgeprägt, sodass es kaum verwundert, wie sehr er damals die konservativ-sittsame Gesellschaft durch sein Verhalten herausgefordert hatte. Schließlich war zu diesen Zeiten die kirchliche Macht überall präsent und viele Menschen gottesfürchtig im christlichen Sinne. Das Treiben de Sades verschaffte ihm daher nicht wenige längere Gefängnisaufenthalte sowie diverse Einweisungen in das, was man damals unter Psychiatrie verstand. Ob es sich seine Zeitgenossen anders überlegt hätten, wenn sie wüssten, dass der Lüstling alleine dadurch die Zeit verschafft bekam, die es benötigte, seine bis heute berühmten Texte zu erstellen? Die theoretische Möglichkeit besteht. Denn in Gefangenschaft verfasste der Marquis mindestens vier Romane, die auch noch über 200 Jahre nach seinem Tod ihre Leser sowohl faszinieren als auch erschüttern. Was für die einen verwerfliche, abgründige Gedanken sind, halten andere für eine besonders herausragende Literatur, in welcher Philosophie und Pornographie verschmelzen. Um während seiner Arreste nicht durch hohen Papierverbrauch aufzufallen, denn selbstverständlich war ihm ein Schreibverbot auferlegt worden, schrieb er seine Werke in einer Miniaturschrift auf die wenigen Bögen, die ihm zur Verfügung standen. Er sei ‘Wahnhaft vom Laster besessen’, war die Diagnose seiner Zeitgenossen und seine Bücher lassen eigentlich auch heutzutage keinen Zweifel daran aufkommen. Allerdings herrschen inzwischen glücklicherweise ganz andere gesellschaftliche sowie moralische Verhältnisse und niemand wird mehr wegen ‘Sodomie’ in den Kerker geworfen. Eine juristische Verurteilung oder dergleichen gibt es für Spanking im gegenseitigen Konsens so nicht mehr und jeder Erwachsene darf sich daran versuchen. Auffällig ist dabei, wie sehr sich solche Praktiken seit de Sades Wirken verstärkt in der gesellschaftlichen Kultur, wenn auch oft versteckt, etabliert haben. Das vielleicht bekannteste zeitgenössische Beispiel hierfür ist wohl der Kassenschlager-Film ‘Fifty Shades of Grey’, für den sich weltweit ein meist ziemlich junges Publikum begeisterte. Den großen Anteil, welchen der Marquis de Sade an dieser Entwicklung hatte, verdeutlicht sich auch dadurch, dass sich der Begriff Sadismus direkt von seinem Nachnamen ableitet. Obwohl im 21. Jahrhundert eine fast unvorstellbar große Menge an Pornographie aller Art über das Internt fast überall verfügbar ist, stechen seine erzählerischen Werke immer noch in ihrer Intensität, Kunstfertigkeit sowie durch die extremen Handlungen der ProtagonistInnen darin hervor. Wer sich für die Thematik interessiert und hart im Nehmen ist, sollte sich auf jeden Fall einmal an die Bücher de Sades heranwagen.
BDSM und die Faszination des Dunklen
Um einer Verwirrung vorzubeugen hier ein kleiner Hinweis zu den am häufigsten verwendeten Begriffen. Denn Spanking ist lediglich eine kleine Teilmenge von dem, was heutzutage meistens als BDSM bezeichnet wird. Die Abkürzung steht für Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism – also übersetzt für Fesselkunst, andere dominieren, sich dominieren lassen, anderen Schmerzen zufügen und selbst schmerzvolle Handlungen empfangen. Wer ein Spanking lustvoll empfängt, der ist masochistisch veranlagt und wer in Ekstasen dabei gerät andere zu spanken, der ist bevorzugt sadistisch. Die austeilende Person wird dabei auch Dom genannt, was von Dominance herrührt, während die Schläge empfangende Person Sub genannt wird, von submissive, also unterwürfig. Die Rollen können dabei je nach Vorliebe getauscht werden und beides zusammen heißt dann Sadomasochismus. Um das ganze Feld des BDSM auszuleben bieten sich Rollenspiele aller Art wunderbar an, denn eine Rolle zu spielen die man im Alltag so nicht hat, macht einen großen Teil des Reizes aus. Ob Lehrer-Schüler, Herrchen-Hund, Domina-Sklave, Reiterin-Pferd, Ärztin-Patient oder Richter-Verurteilter – erlaubt ist was gefällt. Meist geht es darum, Kontrolle abzugeben oder Autorität zu erhalten, sich in einer neuen Rolle wiederzufinden und sich mal völlig anders und freier zu fühlen, ein Hochgenuss für alle welche die Anlage dazu in sich tragen und das sind überaus viele. Der Begriff BDSM entstand übrigens wahrscheinlich 1991 in einer Newsgroup im Internet, also in einer Vorgängerstruktur von dem was man heute als Webforum bezeichnet und über Email funktionierte. Die unterschiedlichen Spielarten im BDSM sind sehr ausdifferenziert und können verschiedenste Tätigkeiten beinhalten, unglaublich wie kreativ die Menschen sind, wenn es darum geht in die höchsten Ebenen der Lust vorzudringen. Das gute alte Spanking ist einfach ein besonders verbreiteter Ausdruck davon – und die Begeisterung wächst. Mittlerweile berichten selbst Erotikportale von einer stetig steigenden Nachfrage im Bereich BDSM oder nach den oft synonym verwendeten Begriffen Bizarr und Fetisch.
Die Qual und die Wahl der Bestrafungsinstrumente
Hat sich einmal ein Pärchen oder ein Grüppchen zu einem Spanking zusammengefunden, dann stellt sich schnell die Frage nach einem geeigneten Bestrafungsinstrument, sofern es nicht die bloße Hand sein soll, die Schläge austeilt. Die LiebhaberInnen der erotischen Prügelkunst können dabei aus einem stattlichen Arsenal ihre ‘Bewaffnung’ wählen: da wären Teppichklopfer oder unterschiedliche Peitschen wie zum Beispiel der mehrriemige Martinet. Selbstverständlich eignet sich auch die traditionelle Birkenrute oder für die, die es etwas intensiver mögen, darf es auch gerne der berüchtigte Rohrstock oder gleich der fiese Ochsenziemer sein. Im Grunde kann jeder Gegenstand verwendet werden, der das gewünschte Ergebnis herbeiführen kann und von allen Beteiligten akzeptiert wird. Innerhalb der Szene wird der aktive Part übrigens oft Spanker genannt, während der Empfangende Teil Spankee heißt. Manche genügen sich mit ein paar Klapsen auf den Po, während sich andere in höhere Geisteszustände regelrecht empor dreschen. Das wichtigste ist dabei natürlich, dass stets alles in beiderseitigem Konsens geschieht und sich niemand ernsthaft verletzt. ÄrztInnen können ein Lied von absurd schiefgegangen Sexpraktiken singen, also tastet euch daher ruhig langsam vorwärts bei euren BDSM-Versuchen und vergesst nicht ein Safeword auszumachen, das unbedingt respektiert werden muss. Von dem her kann zum Abschluss nur noch allen Leserinnen und Lesern ein weiterhin genüssliches Spanking gewünscht werden, sicher kennt ihr jemanden, der oder die es gerade verdient hätte.