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Das Pascha – Kölns Riesenbordell schafft Tatsachen

In Köln hat sich fernab des Stadtzentrums ein ganz eigenes Rotlicht-Phänomen entwickelt: das des Riesenbordells. Vor den Toren der Stadt gibt es mit dem Pascha ein Laufhaus, das aus einem gesamten Häuserblock besteht. Was für die einen dekadenter Sündenpfuhl ist, sehen andere als Wegweiser für die Prostitution der Zukunft.

Das Kölner Etablissement Pascha wird oft als Superpuff beschrieben. Verständlich, denn auf 9000 Quadratmetern Fläche, über sieben Stockwerke verteilt, vermietet das völlig legale Bordell 126 Zimmer an Prostituierte, die der männlichen Kundschaft ihre Dienste anbieten. Frauen werden nur einmal im Jahr eingelassen, im Rahmen einer traditionellen jährlichen Führung am Muttertag. Das Foyer und die Flure des Etablissements sind rege bevölkert mit meist in Reizwäsche gekleideten Liebesdamen, die auf Hockern sitzend oder lasziv an Türrahmen gelehnt auf Freier warten. Bevor beide im Zimmer verschwinden, werden Preis und Sexpraktiken verhandelt. Auf dem Express-Flur (“15 Minuten, Orgasmus garantiert”), geht es direkt zur Sache. Eine weitere Etage ist exklusiv für Transsexuelle SexarbeiterInnen reserviert und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Angeblich bekommen Männer ab 66 Jahren sowie an ihrem Geburtstag kostenlosen Eintritt ins Pascha und sparen damit um die 30 Euro pro Besuch. Immer wieder kommt es allerdings zu Skandalen rund um den Club, etwa durch vereinzelte Gewalt- und Drogendelikte, durch minderjährige Prostituierte mit gefälschten Ausweisen oder durch die Verurteilung des Besitzers wegen Steuerhinterziehung. Im Schnitt kommen täglich rund 800 Kunden durch die Tür, am Wochenende auch mal 1000, was das Pascha zu einem der größten Bordelle der Welt macht. Bei 1000 Kunden und 126 Sexarbeiterinnen kommt man übrigens im Schnitt auf acht Kunden pro Nacht. Für Personen, die sich mit dem Thema Sexarbeit nicht auskennen, müssen sich Berichte aus dem Pascha anhören als handele es sich um einen Puff auf Steroiden. 

Ein ganzer Hochhaus-Block als Bordell: das Pascha in Köln

Prostitution so legal wie Brot backen

Das Bildnis der Sexfabrik mit Orgasmus-Output mal beiseite genommen, ist die Sexindustrie heutzutage eine legale Realität, die Bürger und Politiker akzeptieren müssen. Prostitution ist mitlerweile rechtlich und juristisch gesehen ein Beruf wie jeder andere: Selbständige Unternehmerinnen mieten einen Arbeitsplatz in einem Etablissement, zahlen Steuern, haben eine Meldeadresse und Zugang zu den Sozialversicherungen. Politisch betrachtet ist das Pascha ein Erfolg für Köln und könnte als Vorbild für andere Städte dienen. Denn in Berlin zum Beispiel findet Prostitution viel häufiger in der unkontrollierten Illegalität statt und die Huren stehen Nachts in der Kälte auf den Straßen herum. Die Kölner Lösung trägt dazu bei, die Prostitution aus der Innenstadt zu entfernen und an wenigen Orten zu konzentrieren. Dadurch können negative Auswüchse der Sexarbeit durch erleichterte Überwachung deutlich besser bekämpft werden, zum großen Vorteil von sowohl Prostituierten als auch Freiern.

Die Prostituierten im Pascha können angeblich bis zu 1000€ pro Tag verdienen, und im Idealfall ihrer Arbeit ohne die illegalen negativen Einflüsse von Gewalt, Ludentum oder Zwangsprostitution nachgehen.

Das Pascha als Vorbild?

Als Köln 1972 die Prostitution aus der Innenstadt verbannte und dadurch den bis dahin populären Straßenstrich auf der Kleinen Brinkgasse schloss, eröffnete das heutige Pascha im Industriegebiet nördlich des Stadtzentrums seine Pforten. Damals protestierten die Sexarbeiterinnen noch erfolglos dagegen. Heute profitieren sie im Pascha von einem sauberen und sicheren Arbeitsumfeld. Für die Damen kostet ein Zimmer 180€ pro Nacht, inklusive 24/7 Vollpension mit Wlan und sogar kostenloser Ladestation für E-Autos. Alle weiteren Einnahmen können sie für sich behalten. Die Prostituierten im Pascha können angeblich bis zu 1000€ pro Tag verdienen, und im Idealfall ihrer Arbeit ohne die illegalen negativen Einflüsse von Gewalt, Ludentum oder Zwangsprostitution nachgehen. Ein zusätzlicher Vorteil des Pascha ist es, dass stets eine hohe Anzahl Kunden vorbeikommt, denn der Laden genießt im ganzen Land ein sehr hohes Renommee. 

Prostitution hat immer noch zwei Gesichter

Heutzutage kann Prostitution grob in zwei Hälften unterteilt betrachtet werden. Auf der einen Seite steht die selbstbewusste, steuerzahlende, legale Sexarbeiterin, auf der anderen die unterdrückte Zwangsprostituierte, ausgebeutet von einem Zuhälter oder sogar Opfer von internationalem Menschenhandel. Leider existieren sogar in Köln beide Varianten der Sexindustrie. Im Kölner Süden, am anderen Ende der Stadt, zeigt sich die finstere Seite, wo Frauen und Gangs um ihr Revier streiten, wo ganze Kolonnen von Wohnwagen im Wald stehen, in denen Prostituierte in Schichten arbeiten. Gerüchten zufolge kassieren dort vor allem teils rivalisierende Rockerbanden einen Großteil der Einnahmen. Für die Einheimischen von Köln ist es der unangenehmste Teil der Prostitution, wenn sie vor der eigenen Haustür stattfindet. Normale Einwohner von Rotlichtvierteln werden oft ungewollt Zeugen der negative Seite der Prostitution. Ein Nachbar eines übrig gebliebenen, recht verwahrlosten Bordells im Schatten des Kölner Doms erklärte: „Dieser Zustand ist untragbar. Sowohl für uns Nachbarn, als auch für die Frauen selbst. Man sieht manchen an, dass sie nicht freiwillig zum Eigelstein dackeln, um dort anzuschaffen“. Eine Wohnungseigentümerin aus Köln-Sülz, in deren Haus ein Erotik-Massagesalon eingezogen ist, beklagt: „Die ganze Straße verändert sich. Es ist zum Weinen. Wenn das hier ein Rotlichtbezirk wird, kannst du das Haus wegschmeißen.“

Das Pascha in Köln, in guter Nachbarschaft
Kaum Nachbarn: das Pascha am Stadtrand von Köln (in blau)

Auf gute Nachbarschaft

Die Nachbarn des Pascha fühlen sich allem Anschein nach nicht gestört. Nebenan gibt es einen Openair Kunstraum mit Biergarten, wo auch die Paschagirls gerne ihren Feierabend verbringen. Die Besitzer der beiden eigentlich so verschiedenen Clubs verstehen sich gut und unterhalten sich gerne miteinander. Der ebenfalls auf dem Areal ansässige Dönerverkäufer profitiert von der Laufkundschaft, will sein Sortiment bald auf Bio umstellen und zusätzlich vegane Burger anbieten. Vielleicht ist das Prinzip des Pascha Großbodells tatsächlich ein Blick in eine bessere Zukunft, in der sowohl die Stadtverwaltung als auch die Sexindustrie gemeinsam zu einem ‘Happy End’ kommen. Denn das sogenannte älteste Gewerbe der Welt kann wohl nicht verhindert werden. Aber durch angemessene Rahmenbedingungen sollten mögliche negative Begleiterscheinungen hoffentlich bald weitgehend der Vergangenheit angehören können.

Und dann kam Corona

Eigentlich lief es ganz gut für das Großbordell, das sich stets über zahlreiche Gäste freuen konnte und in dem ständig viele Dutzend Damen anwesend sind. Doch dann kam Corona und schickte Deutschland in den Lockdown. Den ersten Lockdown im März konnte das Pascha finanziell gerade so noch überstehen. Aber dann, im September 2020 ging es einfach nicht mehr, der Betreiber musste offiziell Insolvenz anmelden bei den Behörden, da Mietschulden und hohe Kosten für insgesamt 60 Angestellte in Summe rote Zahlen verursachten. Allerdings ging der tägliche laufende Betrieb weiter bis zum 1. November, als der zweite Lockdown in Kraft trat. Wie und ob es im Januar mit Deutschlands bekanntestem Laufhaus weitergehen wird, das steht wohl noch in den Sternen. Dabei wurde extra ein umfassendes Hygiene-Konzept entwickelt und eingeführt, damit auch in Zeiten von Corona ein Bordellbesuch ohne große Ansteckungsgefahr vonstatten gehen kann. Ob sich diese Mühen gelohnt haben und das Pascha bald wieder seine Tore öffnen darf, im Laufe des Jahres 2021 werden wir es sicherlich erfahren.

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