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Sextoys – von der Lust zur Innovation

Selbst Sextoys profitieren inzwischen stark von der allgemeinen Digitalisierung. Die Hersteller überbieten sich mit Innovationen, Startups setzen auf die Trends VR und Robotik. Eine ganze Branche, die oft etwas verschämt betrachtet wird, tritt aus dem Schatten.

Der Dildo, früher noch verwegen umschrieben als ‚Massagestab‘ oder sogar ‚Gummikavalier‘, ist laut Studien heutzutage fester Bestandteil der Schlafzimmerausstattung von 37% der Deutschen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Zwei Drittel der Bevölkerung nennen tatsächlich kein einziges Sexspielzeug ihr eigen – wenn man den Umfragen glauben möchte. Die Hersteller und Händler der Branche sehen daher ein riesiges zukünftiges Wachstumspotenzial. Jedes Jahr werden neue Innovationen am Markt präsentiert, erstaunlich eigentlich, wo doch Masturbation das Einfachste der Welt sein sollte. Dabei kann man die Leute ziemlich genau einteilen in die, die viele Sexspielzeuge besitzen und die, welche gar keines besitzen. Denn 30% der Männer und 25% der Frauen besitzen sogar mehr als vier Sextoys. Da stellt sich die Frage, was für Neuheiten kommen zur Zeit auf den Markt und warum ist die Nachfrage mittlerweile so hoch?

Sextoys werden smart und digital

Jedes Jahr auf Neue übertreffen sich die Anbieter gegenseitig mit innovativen Produkten. Auch die Vibratoren, eigentlich ein eher simples Produkt, werden ständig verfeinert. Neue Materialmischungen sorgen für eine noch angenehmere Haptik und bieten außerdem eine immer elegantere Optik. Der Vibrator von heute schaltet sich bei Hautkontakt automatisch an, er ist leise, wasserdicht, spülmaschinenfest und verfügt über Vibrationsprogramme die sich langsam steigern, pulsierende Druckwellen verschaffen der Damenwelt angeblich Orgasmen in einer völlig neuen Intensität. Einige synchronisieren sich sogar mit abgespielter Musik und vibrieren im passenden Takt dazu. Selbstverständlich sind viele neue Sextoys digital vernetzt und werden bequem per Smartphone und Bluetooth bedient. Dabei lassen sich ausgewählte Modelle auch online über das Internet steuern, ein Traum für jede Fernbeziehung und gerade in Coronazeiten hilfreich für alle, die von ihren Liebsten isoliert sind. Oder man verwendet die ferngesteuerten kleinen Geräte um sich in der Öffentlichkeit, etwa im Restaurant, ganz verschmitzt ein wenig gegenseitig zu reizen.

Großkonzerne halten sich zurück

Auf der weltgrößten Messe für Consumer-Elektronik, der CES in Las Vegas, wächst der Ausstellungsbereich für Sextoys beständig Jahr für Jahr. Jeden Januar wartet die Fachwelt gespannt auf die frisch präsentierten Innovationen. Aber auch auf der Ifa in Berlin wird Sextech immer prominenter. Dabei sind überraschend viele Startups unter den ausstellenden Unternehmen, Konzerne trauen sich oftmals nicht so recht heran an das mit Vorurteilen besetzte Thema Sexualität. Unvergessen ist Panasonics Einstieg in die Vibratorenproduktion im Jahr 2009. Nur ein Jahr später war alles schon wieder vorbei, der Markt nahm die Produkte nicht an, die Manager hatten nicht das richtige Gespür und die Konzernleitung keine Geduld. Da der sogenannte Sexual-Wellness-Markt allerdings mit durchschnittlich 13% pro Jahr wächst und bereits 2026 ein Volumen von 122 Milliarden US-Dollar erreichen soll, könnte sich dies in Zukunft nochmals ändern.

…pulsierende Druckwellen verschaffen der Damenwelt angeblich Orgasmen in einer völlig neuen Intensität.

In Deutschland jedenfalls etablieren sich auch immer mehr Startups im Bereich Sextech und beweisen den richtigen Riecher, was das Geschäft sowie die Kundenerwartungen angeht. Amorelie zum Beispiel, ein Onlineshop für alle Waren rund um Sex, wurde bereits zwei Jahre nach Gründung an den Medienkonzern ProSiebenSat.1 verkauft und erzielt hohe zweistellige Millionenumsätze mit steigender Tendenz. Der ehemalige Finanzchef von Amorelie erwarb in einem klugen Schachzug die Rechte am Vibrator Womanizer, einem der Bestseller von Amorelie, und gestaltet nun mit seinem Unternehmen Wow Tech maßgeblich die Zukunft der Sexspielzeug-Industrie mit. Naturgemäß sind viele Startups rasch wieder verschwunden aber doch einige überleben und wachsen nachhaltig. In der Gesamtbetrachtung kann angenommen werden, dass sich der Umgang mit dem Thema Sex als Metatrend eher lockert und liberalisiert, was auch eine Folge der leicht verfügbaren Online-Pornographie sein mag. Die Sexspielzeug-Industrie ist daher vor allem eines: eine Branche auf solidem Wachstumskurs.

Wo geht die Reise noch hin?

Bislang war hier nur von Vibratoren die Rede, doch diese summenden Dildos sind lediglich die bekanntesten Vertreter ihrer Gattung. Sextoys gibt es in allen Facetten und vor allem für Männer kommen immer mehr sogenannter Masturbatoren auf den Markt. Wie der Name schon andeutet, handelt es sich dabei um Masturbationshilfen bzw. -verstärker, die Männer in eine ganz neue Dimension der klassischen Selbstbefriedigung führen sollen. Warum auch sollte etwas das für Frauen gut ist, sich nicht auch in der Männerwelt durchsetzen? Dabei werden die unterschiedlichsten Technologien bemüht, um möglichst sensationelle Ergebnisse zu erzielen. Ausgangspunkt ist meist eine rohrartige Form, in der stimulierende Oberflächen verbaut so verbaut sind, um weiblichen Genitalien oder Mundhöhlen ähnlich zu sein oder kreativ darüber hinauszugehen. Manche nutzen gezielt Luft, um einen Unterdruck zu erzeugen. Andere vibrieren, ähnlich den Produkten für die Damen, während einige wiederum hoch entwickelt sind und über eine ausgeklügelte Elektromechanik verfügen. Am weitesten geht dabei wahrscheinlich der Autoblow A.I., eine um die 170€ teure Maschine, die angeblich den perfekten Blowjob simulieren kann. Unter den 10 einstellbaren Modi ist sogar einer, der mit Hilfe einer Künstlichen Intelligenz entwickelt wurde und sich jedesmal anders anfühlen soll, ganz so wie es in der Realität mit einem echten Menschen auch wäre.

Sex der Zukunft durch VR und Roboter?

Ein weiterer Trend der technologisierten Sexualität sind filmische Inhalte, die mit Virtual Reality (VR) Brillen abgerufen werden können – der Betrachter fühlt sich dabei relativ realistisch im Mittelpunkt der pornographischen Handlung. Dabei gibt es nicht nur Filme die der Masturbation dienen, sondern auch vermehrt solche, die speziell für Partner entworfen wurden und eine ganz neue Form von Rollenspielen ermöglichen sollen. Heutzutage erleben diese Angebote einen großen Zulauf von einer wachsenden Fangemeinde. Durch die Coronakrise wachsen nicht nur die Umsätze der Sextoy-Verkäufer, auch die Käufer von echtem Sex, also im Bereich Escort und Prostitution, orientieren sich teilweise neu, hin zum digitalen Streaming auf Porno- oder Camgirlseiten wie zum Beispiel Pornhub. Eine andere Verhaltensänderung aus dem selben Grund zeigt die wachsende Popularität von Sexpuppen oder sogar Sexrobotern. Während die einen solche Roboter für eine logische Konsequenz der technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung halten und darin nicht mehr als eine etwas kuriose neue Form der Masturbationshilfe sehen, betonen andere eine ganze Reihe von kritischen Punkten. KritikerInnen befürchten die Verstärkung einer Entmenschlichung der Sexualität, sie sehen die Gefahr, dass etwa die sexuelle Objektivierung der Frau dadurch verstärkt wird. Es wird befürchtet, dass Menschen eine von Liebe erfüllte Sexualität komplett verlernen könnten, sich den Robotern anpassen und zurückbleiben als kalte Sexmaschinen ohne romantische Gefühle. Diese Kritik ist nicht neu, doch sie gewinnt mehr und mehr an Relevanz durch die aktuellen Trends. Da hilft vielleicht die Erkenntnis, dass viele neue Technologien von den einen schnell gefeiert von anderen anfangs stark kritisiert werden. Dies hat eine Entwicklung aber nur selten auch aufgehalten. Um etwas Ironie zu wagen kann daraus die Idee folgen, dass wir alle schnell nochmal masturbieren sollten, bevor es wieder als so anstößig gelten könnte wie es früher der Fall war. Die Zukunft der Sexspielzeuge bleibt spannend und die Unternehmen werden uns sicherlich bald mit der einen oder anderen Innovation weiterhin überraschen.

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