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Sex-Workers - ein Bildband über Sexarbeit

‚Sex-Workers‘ – ein Fotografie-Buch gibt Einblicke

Ein neues Buchprojekt widmet sich dem wahren Leben von SexarbeiterInnen in Deutschland. Unter dem Titel ‘Sex-Workers’ veröffentlichte der Hamburger Fotograf Tim Oehler einen umfassenden Fotoband, in welchem Prostituierte im Portrait, ganz privat beim Ballsport-Training oder mit den Haustieren, und auch in ihrem beruflichen Umfeld gezeigt werden. Das Besondere an diesem Buch sind die ungewöhnlichen Einblicke in das Leben eigentlich ganz gewöhnlicher Menschen, die für ihren Beruf von unserer Gesellschaft oftmals stigmatisiert und skandalisiert werden. ‘Sex-Workers’ erlaubt es den BetrachterInnen der Fotografien dabei, Einsichten zu erhalten, die meistens unter dem Schleier des Schweigens und Naserümpfens verborgen bleiben. In zahlreichen, unmoderiert von den SexarbeiterInnen selbst verfassten Texten, kommen deren eigene Gedanken zur Thematik zu Wort, womit der fotografische Charakter dieses Kunstprojekts erst recht eine besondere Lebendigkeit und Authentizität erhält.

Mia und Vivi schminken sich – bereit für den großen Auftritt
Foto: © Tim Oehler

Die vielfältige Welt der Sex-Worker

Denn die Sexarbeit zeigt sich bei genauer Betrachtung als ein ziemlich weites und diverses Feld, bei dem es schwierig erscheint, alle so Tätigen begrifflich über einen Kamm zu scheren. Genau das ist es aber, was Aussenstehende in vielen Fällen tun. Immer wieder beschweren sich SexarbeiterInnen über die negative mediale Berichterstattung, wenn es um Rotlicht und bezahlten Sex geht. Das Schmuddelimage der Branche hält sich hartnäckig und zwingt Prostituierte immer noch dazu, ihre Leidenschaften und beruflichen Ambitionen in einem Dunkelfeld auszuleben, für das die bürgerliche Mehrheitsmeinung kein oder nur wenig Verständnis zeigt. Zahlreiche Protestaktionen von SexarbeiterInnen während der Corona-Zeit haben den Wunsch auch politisch gehört zu werden, eindrucksvoll verdeutlicht. Dies führt jedoch zu einer weitgehenden Unterschlagung der individuellen Gründe, aus welchen sich die Sexarbeitenden zu ihrer haupt- oder nebenberuflichen Tätigkeit entschlossen haben. Denn diese Gründe sind so vielfältig, wie es auch die Menschen ganz allgemein von Grund auf sind.

Violet ganz normal privat – beim Zocken wie du und ich
Foto: © Tim Oehler

Gesicht zeigen gegen Stigma

In ‘Sex-Workers’ finden sich auf 288 Seiten zahlreiche Fotografien und Texte von insgesamt 30 SexarbeiterInnen, die an dem mutigen Projekt teilgenommen haben. Warum mutig? Weil auch SexarbeiterInnen oft unwissende Freunde und Familie haben, weil sie Töchter oder Söhne sind, weil sie auf die Elternabende ihrer eigenen Kinder gehen müssen und dabei ständig Gefahr laufen, erkannt und anschließend massiv sozial ausgegrenzt zu werden. Um das zu verhindern, müssen manche Prostituierte, nicht alle, ihre Tätigkeit so gut wie möglich verschweigen und können nur einem sehr ausgewählten Personenkreis gegenüber voll und ganz ehrlich gegenüber sein. Aber muss das unbedingt so sein? Eigentlich nicht, denn schließlich sind es auch die spießigsten Familienväter, die sich heimlich den Diensten der Liebesdamen anvertrauen und es sind scheinbar konservative Mütter, gelangweilt vom Alltag, die sich gerne mal in die Versenkungen der Fetisch-Welt begeben. Warum sich vor Sehnsucht quälen, anstatt den eigenen Wünschen und Energien freien Lauf zu lassen? Es gibt, im Zustande der geistigen Wachheit, wohl kaum plausible Argumente dagegen.

Violet bei der Arbeit – das Versprechen der Nacht lockt und überzeugt
Foto: © Tim Oehler

Sexarbeit kann Freiheit heißen

Wer Tim Oehlers Fotografien betrachtet, der stellt wahrscheinlich ganz automatisch seinen bisherigen Blick auf Sexarbeit in Frage. Denn nicht nur wird schnell klar, wie vielfältig Sexarbeit in Erscheinung tritt. Da sind die Bordelle im roten Lampenschein, die Escorts mit ihrer Reiselust, die Dominas mit ihren BDSM- und Klinik-Spielen oder die Tantra-MasseurInnen, bei denen Geistigkeit, Wellness und Erotik eine besondere Verbindung ergeben. Nichts davon ist bei genauerer Betrachtung verwerflich oder verachtenswert. Es ist, sozusagen, für jeden Geschmack etwas dabei. Eigentlich alle ProtagonistInnen in diesem Fotoband äußern sich zufrieden mit ihrer Tätigkeit und wähnen sich glücklich darüber, ihre Leidenschaft für Sex mit beruflicher und finanzieller Freiheit verbinden und ausleben zu können. Wer würde es wagen, es ihnen zu verweigern? Okay, es gibt einen gewissen privilegierten Status, der die Teilnehmenden an diesem Projekt verbindet, aber das schmälert weder deren Courage noch den eigentlichen Wert von Sexarbeit. Dieser Band ist eine Ode an die Schönheit der Nacht, an den Reiz des Verborgenen und zeigt ganz selbstverständlich, wie normal diese eine Sache ist, die wir alle lieben: Sex. Auch gegen Bezahlung.

Sex-Workers - ein Bildband über Sexarbeit
Sex-Workers – ein Bildband über Sexarbeit
Foto: © Tim Oehler

Der großartige Bildband ‘Sex-Workers’, ist als Hardcover bei Gingko Press erschienen. Geliefert wird das Buch in blauem Samt eingebunden, inklusive Schuber, wodurch bereits eine hochwertige Aufmachung die besondere Wertigkeit dieses fotografischen Kunstwerks unterstreicht.  

Sex-Workers, von Tim Oehler, 288 Seiten, ca. 450 Fotografien, 230 x 310mm, ISBN: 978-3-943330-77-9, 69.- €, weitere Informationen und Bestellungen über www.sex-workers.de

Escorts und andere Sex-Worker in Hamburg finden sich hier

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